Es ist Dienstag, der 20. Juni und es ist Mittsommernacht. In der Altstadt von Danzig brodelt das Leben. Bei milden Temperaturen sitzen die Menschen im hellen Licht des Vollmondes in Kneipen und Cafés, an Straßen, Plätzen und der Uferpromenade. Die neue Crew ist startklar für den langen Segelschlag nach Klaipeda. Peter ist weg, Siegfried ist geblieben und Albrecht ist hinzu gekommen. Ca. 140 Seemeilen liegen vor uns, ein Großteil davon durch russisches Militär-und Hoheitsgebiet. Dort dürfen wir nur auf dem in der Seekarte ausgewiesenen empfohlenen Weg fahren. Pünktlich um 22 Uhr legen wir in Danzig ab und genießen zunächst einmal die Ausfahrt. Vorbei an der belebten Altstadt in stimmungsvoller Abendbeleuchtung, dann an den riesigen Kränen der Werften. Nach ca. einer Stunde erreichen wir die Molenköpfe und die offene See. Die Segelbedingungen sind perfekt. Bei 3-4 Beaufort Wind aus Südwest gleiten wir unter voller Besegelung durch die helle Nacht. In den frühen Morgenstunden erreichen wir das russische Territorialgebiet. Dort „warten“ schon zwei Schiffe der russischen Border Control und eskortieren unsere Fahrt in geziemendem Abstand auf Steuerbord und Backbord. Alles unter Kontrolle 😀. Nach ca. 2 Stunden „gemeinsamer Fahrt“ erreicht uns ein Funkspruch, den wir aber nicht richtig verstehen und deshalb nicht reagieren. Kurze Zeit später nimmt eines der Schiffe Kurs auf uns und kommt schnell näher. Wir sehen, wie die Russen ihr Beiboot zu Wasser leiten und bereiten uns auf ihren „Besuch“ vor. Das Beiboot kommt längsseits und zwei junge Männer kommen zu uns an Bord. Sie kontrollieren unsere Pässe, die Schiffspapiere, machen Fotos von unseren Pässen, den Schiffspapieren und unserem Schiff. Zwischendurch Funkkontakt zum Mutterschiff, dann erneut alle Papiere kontrolliert, alles aufwändig protokolliert und dabei eine knappe Stunde mit uns gesegelt ⛵️😀. Zum Abschied noch der Hinweis, dass wir Kurs strikt Nord zu fahren haben, sonst würde es für uns „dangerous“. Was sie damit meinten, wird uns kurze Zeit später klar, als auf unserer Backbordseite eine militärische Übung abgehalten wird. Mit Raketen, scharfer Munition und ordentlich Ballerei. 💣Danke für diese Vorführung, aber das wäre doch nicht nötig gewesen 😜. Nach zwischenzeitlicher Nachmittagsflaute frischt der Wind wieder auf und beschert uns eine zweite traumhafte Segelnacht bei Vollmond. Wir erreichen Klaipeda morgens um 4 Uhr nach 138 Seemeilen. Trinken unser obligatorisches Anlegebier, frühstücken im Cockpit und legen uns erst mal für 4 Stunden schlafen. Dann ziehen wir frisch geduscht los und genießen den Zauber Klaipedas. Bei hochsommerlichen Temperaturen bereitet sich die Stadt geschäftig vor auf das St. John’s Festival. So heissen hier die Feierlichkeiten zur Mittsommernacht, die drei Tage andauern werden. Auf dem Gelände der St. John’s Bastion gibt es abends Ansprachen und Gesänge, Musik, Spiele, traditionelle Zeremonien und zum Abschluss das große Mittsommernachtsfeuer, welches auf einem schwimmenden Ponton im Wassergraben der ehemaligen Befestigungsanlage entzündet wird. Am nächsten Morgen verlassen wir Klaipeda und segeln weiter. Die Navigation ist easy. Aus dem Hafen raus, hinter den Molenköpfen rechts, geradeaus bis zum nächsten Hafen, dann wieder rechts, zwischen den Molenköpfen durch und rein in den Hafen. 😀⛵️😀 So geht es nach Liepaja (Liebau), dann Pavilosta ( Paulshafen), Ventspils (Windau), durch die Irbenstraße und rund Kap Kolka in die Bucht von Riga, nach Roja und Engures. In Engures klappt es nicht so ganz mit der Navigation, denn die Hafenzufahrt ist in der Richtfeuerlinie versandet und wir benötigen Geleitschutz. Zum Abschluss des Törns geht es unter Segeln die Mündung des Flusses Daugava hoch bis in die Altstadt von Riga. Ein weiters Highlight. Wir haben fast durchgängig hochsommerliche Temperaturen und optimale Segelbedingungen. Gerefft, volle Besegelung, Gennaker, Carbonbaum,….. das volle Programm. 400 Seemeilen Segeln vom Feinsten und hochsommerliches Wetter 🌞 . Seewolf gibt wie immer alles und die Crew ist im puren Segelrausch.